Prof. Dr. Tomas Sedlacek

Chef-Makroökonom der Tschechoslowakischen Handelsbank

Dr. Tomas Sedlacek ist ein tschechischer Ökonom. Er lehrt Wirtschaftsgeschichte und Philosophie an der Karls-Universität Prag. Er ist Chef-Makroökonom bei der Tschechoslowakischen Handelsbank AG (CSOB), der größten tschechischen Bank. 2009 wurde er Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrats, der den tschechischen Regierungschef berät. Außerdem wirkt der überzeugte europäische Bürger als Kolumnist.

Kurz nach seiner Promotion an der Karls-Universität Prag 2001 wurde er Berater des damaligen Präsidenten Václav Havel. Von November 2001 bis Februar 2003 arbeitete Dr. Sedlacek - der als Kind in Finnland und Dänemark aufwuchs - für den tschechischen Präsidenten. Ab Januar 2004 war er mit der Aufgabe betraut, das Haushaltsdefizit zu reduzieren und das Steuersystem zu reformieren. Diese Aufgabe legte er 2006 "aufgrund der übermäßigen Politisierung der Arbeit im Ministerium" nieder. Kurz darauf erhielt er ein Stipendium an der Yale University, wo ihn die Zeitschrift Yale Economic Review 2006 als einen "Young Gun" und "Hot Mind" aufführt.

Bekannt wurde er durch sein Buch "Die Ökonomie von Gut und Böse". Das Buch geht auf seine Dissertation am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Karls-Universität Prag zurück (dort abgelehnt). Es war 2009 das erste nicht-fiktive Buch, das in Tschechien in die Bestsellerlisten kam. Noch 2009 erhielt er den Wald Press Award. Die Financial Times sowie die New York Times widmeten ihm ausführliche Rezensionen, 2012 erhielt Dr. Sedlacek für das Werk den Deutsche Wirtschaftsbuchpreis. Aus dem Buch wurde sogar ein Theaterstück gemacht, das am Tschechischen Nationaltheater in Prag und in London aufgeführt wurde. An einem Ort, der zuständig ist für die Katharsis. Er liefert eine Reise durch die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, vom Gilgamesch-Epos über das Alte Testament zu Thomas von Aquin und Adam Smith, über die Filme Fight Club und Matrix bis hin zur Wall Street und zur Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007. Dr. Sedlacek stellt die mathematisch-analytische, scheinbar wertfreie Betrachtungsweise der modernen Volkswirtschaftslehre infrage und mahnt an, dass jede einzelne, noch so trivial erscheinende Kaufentscheidung letztlich eine moralische Entscheidung ist. Angesichts des Haushaltsdefizits in vielen Staaten fragt er provokant wie man bei 3% Neuverschuldung von 1% Wirtschaftswachstum sprechen könne. "Wer ständig auf des Messers Schneide lebt, darf sich nicht wundern, wenn er sich dabei verletzt."

Um die Verschuldung, die zukünftige Handlungsoptionen beschneide, einzudämmen, fordert Dr. Sedlacek - Bezug nehmend auf Genesis 41 -, in guten Jahren anzusparen für die mageren: die Neuverschuldung dürfe 3% der Wirtschaftsleistung minus das Wirtschaftswachstum nicht übersteigen („Josef-Regel"). Der Gier nach Wachstum (privat wie in der Volkswirtschaft) stellt er entgegen: "Unser Weltbild krankt daran, dass wir das Paradies immer nur in der Zukunft sehen".

Die Tatsache, dass wir die Bedeutung von kulturellen Normen und Werten für ökonomisches Denken vergessen haben, hält er für eine der Ursachen der gegenwärtigen Schuldenkrise. Sind Moral und Nutzen dasselbe? Warum wollen wir Wachstum? Haben wir Alternativen? Dr. Sedlacek erklärt diese Fragen in seinen Vorträgen. "Ich erzähle doch nicht, dass wir zurück in die Höhlen sollten oder das Konsumieren aufgeben. Alles, was ich sagen möchte, ist: Wir sollten dankbar sein für das, was wir haben, denn wir haben so viel."